Am 15. Mai 2025 kam der Sozial-Klimarat zu seiner vierten Tagung zusammen. Im Mittelpunkt stand die Bewertung des Koalitionsvertrags der neuen Bundesregierung. Zahlreiche Ergebnisse aus der Arbeit der vergangenen zwei Jahre sind in die Vereinbarung eingeflossen: So wurden zusätzliche Mittel für öffentliche Infrastrukturen wie ÖPNV und Wärmenetze bereitgestellt, die soziale Dimension der Klimatransformation rückt massiv in den Fokus und klimapolitische Instrumente sollen künftig stärker sozial differenzierter gestaltet werden.
Die Diskussionen im Sozial-Klimarat machten jedoch auch deutlich: Viele der offenen Formulierungen im Koalitionsvertrag müssen erst noch in konkrete Politik übersetzt werden.
Weiterentwicklung der Persona-Analyse
Weiterentwicklung der Persona-Analyse
Ein zentraler Referenzpunkt bleibt dabei die Persona-Analyse des Sozial-Klimarat. Seit ihrer Vorstellung im Mai 2024 hat sie die politische Diskussion in Berlin und den Bundesländern verändert. In den vergangenen Monate wurde sie umfassend weiterentwickelt und auf dem Sozial-Klimarat präsentiert. Die aktualisierte Auswertung ist nicht nur deutlich detaillierter, sondern auch verständlicher aufbereitet: Zur Analyse
Im Gespräch mit der Politik
Diskutiert wurden sowohl die Inhalte des Koalitionsvertrags als auch die neue Persona-Analyse – gemeinsam mit rund 200 Teilnehmenden und zahlreichen Gästen aus Wissenschaft und Politik. Unter ihnen: der Parteivorsitzende Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen), der SPD-Koalitionsverhandler Jakob Blankenburg und der Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin (Die Linke). Ergänzt wurde die Debatte mit den politischen Akteuren durch Perspektiven aus Stadtwerken, Kommunen, Wohnungswirtschaft und Verwaltung.
Staatsmodernisierung als Schlüsselthema in der Klimatransformation
Ein zweiter Schwerpunkt lag auf dem Thema Staatsmodernisierung – ebenfalls ein zentrales Anliegen der neuen Bundesregierung. In einem Gespräch mit dem Normenkontrollrat und Verwaltungspraktikern wurde diskutiert, wie klimapolitische Instrumente bürokratiearm und wirkungsvoll in die Strukturen des deutschen Sozialstaats eingebettet werden können. Das wird einer der vordringlichen Aufgaben der Klimasozialpolitik in den kommenden Jahren.
Thematische Vertiefung in Break-Out-Sessions
Seit seiner Gründung versteht sich der Sozial-Klimarat als Plattform. Auch dieses Mal gab es Break-Out-Sessions mit verschiedenen Partnerorganisationen. AWO, Agora Verkehrswende, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Transport & Environment, Zukunft KlimaSozial, der BUND, der Paritätische, das FEST und weitere Partnerinnen und Partner setzten jeweils eigene thematische Schwerpunkte und schufen Raum für vertiefende Diskussionen.
Ausblick: Mitgestalten und einfordern
Mit den gewonnenen Erkenntnissen wird der Sozial-Klimarat seine Arbeit fortsetzen – mit dem Ziel, die neue Bundesregierung kritisch zu begleiten und dafür einzutreten, dass die vielfältigen Ansätze für eine sozial gerechte Klimapolitik im Koalitionsvertrag auch in konkretes politisches Handeln überführt werden.
Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Das geht nur mit einer Politik, die die Lebensrealität der Menschen im Fokus hat. Denn gut gemachte Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit dürfen keine Gegensätze sein – im Gegenteil: Das eine geht nur mit dem anderen.
Doch was heißt das konkret? Wie sehen die Lebensrealitäten aus, die bei politischen Maßnahmen berücksichtigt werden müssen? Die Antwort liefert die Persona-Analyse des Sozial-Klimarats – nun in einer neuen und erweiterten Version 2.0.
Was leistet die Persona-Analyse?
Die Persona-Analyse zeichnet ein realitätsnahes Bild der Lebenslage von Haushalten in Deutschland in der Klimatransformation. Zahlreiche Datenpunkte werden dafür in 16 fiktiven Haushaltsprofilen zusammengefasst. Diese „Personas“ repräsentieren typische Konstellationen, aus denen sich relevante politische Handlungsbedarfe ableiten lassen. Zur besseren Strukturierung wird jede Gruppe in Bezug auf ihre Anpassungsfähigkeit in fünf Kategorien von sehr gut bis sehr schlecht eingeordnet.
Grundlage ist ein umfassender mikrogeografischer Datensatz von infas360, der für alle Wohngebäude in Deutschland Informationen zu Einkommen, Alter, Energieträger, Heiztechnik, Gebäudetypen und vielen weiteren Daten enthält.
Was ist neu an der Persona-Analyse 2.0?
Die Persona-Analyse wurde seit der ersten Vorstellung im November 2023 stetig weiterentwickelt und aktualisiert. Von einer modellhaften Visualisierung ist sie zu einer robusten, politisch relevanten Datengrundlage geworden. Mit dieser Version erfolgt der bisher größte Veränderungsschritt. Die Personas wurden auf Basis des Zensus 2022 neu berechnet, der zahlreiche relevante Datenpunkte aktualisiert hat. Auch in der Gestaltung sowie der Methodik gibt es Verbesserungen. Hier der Überblick:
In die ursprüngliche Analyse sind 12 Merkmale in Form einer Cluster-Analyse gleichgewichtet eingegangen. Dadurch waren die gebildeten Cluster in Bezug auf die einzelnen Merkmale nicht vollständig homogen. Cluster enthielten beispielsweise Mieter und Eigentümer. Das erschwerte gezielte politische Ableitungen.
Die neue Version basiert auf fünf Merkmalen, die regelbasiert angewandt werden: Energieträger, Eigentumsverhältnis, Einkommen, Gebäudeform und Baujahr des Gebäudes. Bezogen auf diese Merkmale sind die Gruppen jetzt homogen. Das ermöglicht eine bessere Regionalisierung bis auf die Ebene einzelner Siedlungsblöcke. Durch die neue Methode haben sie die Größenordnungen einzelner Persona-Gruppen verändert.
2. Neue Visualisierung und mehr Transparenz über die Daten
Alle Gesichter sowie die Visualisierung wurden aktualisiert. Dadurch gibt es mehr Transparenz über die hinter den Personas liegenden Daten. Außerdem wird jetzt durch die farbliche Hinterlegung auf den Score Cards deutlich, nach welchen Merkmalen die jeweiligen Personas selektiert worden sind. Zudem werden neue Merkmale wie die durchschnittliche Haushaltsgröße visualisiert und präzisere Merkmale wie das Netto-Äquivalenzeinkommen statt der Kaufkraft verwendet.
3. Berücksichtigung von speziellen Konstellationen
Erstmals werden Nutzer von Nachtspeicher- und Pellet-Heizungen separat ausgewiesen. Damit werden spezielle Zielgruppen sichtbar, die bisher unter dem Radar liefen. Dasselbe gilt für die Bewohnerinnen und Bewohner von Reihenhäusern, die sich aufgrund von Koordinationsproblemen von anderen Gruppen unterscheiden.
4. Feinere Differenzierung in der Anpassungsfähigkeit
Auf Basis von Rückmeldungen wurde die Sensitivität der Anpassungsfähigkeit verfeinert. In der neuen Version wird sie in fünf statt wie bisher in drei Gruppen unterschieden. Zudem wurden einzelne Gruppen neu geschnitten, um Unterscheidungen in der Anpassungsfähigkeit zu zeigen. Beispielsweise werden die Haushalte mit Fernwärme mit Blick auf mögliche Kostensteigerungen bei der Wärmeversorgung jetzt nach Einkommen differenziert.
Und wie geht es weiter?
Die Entwicklung der Personas ist auch mit dieser Version nicht abgeschlossen. Der Hochlauf von Wärmepumpen, E-Autos und Fernwärme läuft. All das verändert das Lagebild laufend. Die Personas des Sozial-Klimarats sind deshalb ein dynamisches Instrument, das regelmäßig aktualisiert werden wird. Mehr Informationen zur aktuellen Version und der methodischen Herleitung finden sich in der Präsentation.
Die Senkung der Strompreise war Thema in allen Wahlprogrammen und findet sich nun auch im Sondierungspapier. Dort schreiben CDU/CSU und SPD:
„Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh wollen wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte halbieren.“
Im Folgenden geben wir eine erste Einschätzung der Wirkung dieser Pläne.
Die Stromsteuer ist für die Industrie bereits abgesenkt, zudem erhalten viele hochverbrauchende Unternehmen eine Erstattung ihrer Stromkosten. Daher kommt die geplante Entlastung vorrangig den privaten Haushalten zugute. Die Kosten für die Entlastung der privaten Haushalte belaufen sich auf 12,8 Mrd. Euro (inkl. MwSt.)[1].
Gleichzeitig werden die privaten Haushalte durch den CO2-Preis belastet. Das FÖS hat berechnet, wie sich die Belastung durch den CO2-Preis und die Stromkostensenkung auf die Haushalte auswirken. Die soziale Verteilungswirkung ist progressiv. Insbesondere Transferleistungsbezieher gewinnen, weil sie aufgrund der Kosten der Unterkunft / CO2-Pauschale im Wohngeld niedrige CO2-Kosten haben und gleichzeitig beim Strom entlastet werden.
Dabei ist zu beachten, dass dies Haushaltsdaten sind, nicht Pro-Kopf-Daten. In den untersten drei Dezilen finden sich mehr Ein-Personen-Haushalte, die auch deshalb weniger Strom und Wärme verbrauchen.
Die Darstellung beruht auf Daten aus dem Jahr 2020, also vor der Energiepreiskrise. Diese hat dazu geführt, dass Haushalte, die es sich leisten können und ein Eigenheim haben, Wärmepumpen und Solaranlagen angeschafft haben. Dadurch sinkt sowohl der Wärmeverbrauch als auch der Stromeinkauf im Durchschnitt der oberen Dezile.
Neuere Analysen des DIW zeigen, dass sowohl fossiles Heizen als auch Stromeinkauf bei reicheren Haushalten als Reaktion auf die Energiepreiskriese gesunken sind. Das könnte zukünftig dazu führen, dass untere Einkommensgruppen mehr CO2-Preis bezahlen. Dann ist die Strompreissenkung weiterhin eine gute Entlastung, weil Haushalte mit geringem Einkommen seltener PV installieren können. Die Zahlen sind nicht ganz vergleichbar, da hier pro-Kopf gerechnet wurde, nicht pro Haushalt.
zahlt jetzt
Davon Stromsteuer
Davon Netzentgelt
Ersparnis
Familie 4000 kWh
1.434
93
509
612
Paar 2800 kWh
1.024
65
356
421
Single 1.500 kWh
624
35
191
226
Quelle: verivox[2]
Doppelte Dividende
Wie auch die Kompensation der Energiesteuern über die Rentenversicherung, hat die Strompreissenkung zusätzlich eine „doppelte Dividende“, weil Wärmepumpen und E-Autos im Betrieb günstiger werden. Sie könnte allerdings negative Anreize auf die weitere Installation von Dach-PV, sowie auf den Umstieg auf stromsparende Weiße Ware haben.
In der Debatte um die Kompensation der CO2-Preise ist das sozial gestaffelte Klimageld der am meisten verbreitete Vorschlag. Es hätte als doppelte Dividende eine positive Sichtbarkeit für Klimaschutz und soll dadurch die Akzeptanz fördern. Es hätte nicht nur eine Kompensationswirkung, sondern könnte auch eine progressive Umverteilungswirkung haben. Die technischen Voraussetzungen dafür liegen allerdings noch nicht vor. Eine Strompreissenkung ist sehr schnell umsetzbar und für die Haushalte eine sichtbare Entlastung.
Weitere Entlastungen wie Anhebungung des Mindestlohns, Mütterrente, Rentenniveaustabilisierung und Erhöhung der Pendlerpauschale finden sich im Sondierungspapier. Diese können den Verlust der Kaufkraft durch die Inflation und den umgelegten CO-2 Preis (siehe Blogbeitrag Carbonflation) abmildern.
Fazit: Die Strompreissenkung ist eine sozial gerechte Kompensation der CO2-Preis Einnahmen, die schnell bei den Haushalten ankommen kann.
Im Rahmen der dritten Tagung des Sozial-Klimarats am 6. November 2024 standen konkrete Instrumente für eine sozial gerechte Klimapolitik im Mittelpunkt. Aufbauend auf den grundlegenden Thesen, die im November 2023 formuliert wurden, und der im Mai 2024 vorgestellten Persona-Analyse zur Anpassungsfähigkeit der Haushalte, wurden praxisnahe Maßnahmen und politische Instrumente entwickelt, die eine Erreichung der Klimaziele auf einem sozial abgesicherten Pfad ermöglichen. Mehr zu den Instrumenten findet sich in folgender Präsentation sowie im Thesenpapier zum Download:
Diskutiert wurden die Vorschlägen unter den 150 Teilnehmenden und vielen Gästen aus Wissenschaft und Politik. Darunter waren die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (SPD) und Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen) sowie der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner. Ergänzt wurde das durch die Perspektive von Stadtwerken, Kommunen, Wohnungswirtschaft und Landesverwaltung.
Der Sozial-Klimarat versteht sich seit seiner Gründung als Plattform für alle sozialen Fragen in der Klimapolitik. Deshalb gab es auch diesmal Break-Out-Sessions mit weiteren Organisationen. Öko-Institut, Agora Energiewende, Fiscal Future, das Umweltbundesamt, Transport & Environment, die Bertelsmann Stiftung, Caritas das Progressive Zentrum und weitere Partnerinnen und Partner setzen darin eigene thematische Schwerpunkte und schufen Raum für tiefergehende Diskussionen.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen wird der Sozial-Klimarat weiterarbeiten. Es geht darum, die diskutierten Instrumente in konkrete, umsetzbare Politikvorschläge zu überführen, die der im März 2025 neu gewählten Bundesregierung als Handlungsgrundlage dienen können. Die nächste Tagung des Sozial-Klimarats findet am 15. Mai 2025 statt und wird den Fortschritt der Umsetzung begleiten.
Die Bertelsmann-Stiftung hat im Sommer eine interessante Studie zur Carbonflation vorgelegt. Dabei ging es im Kern darum, wie sich die CO2-Bepreisung auf die allgemeine Inflationsrate auswirkt. Das ist aber nicht der einzige Inflationäre Effekt, der mit Klimatransformation verbunden ist. Auch die Erderwärmung selbst führt zu steigenden Preisen. Eine Berechnung dazu ist im März 2024 in Nature erschienen. Und schließlich wird auch von den notwendigen erhöhten Investitionen in die grüne Transformation eine preistreibende Wirkung ausgehen. Zu den Bedarfen hat beispielsweise McKinsey eine Kalkulation vorgelegt.
Im Folgenden werden diese unterschiedlichen inflationären Effekte in ein Verhältnis zueinander gesetzt.
Steigende Inflation durch CO2-Preise
Die Kombination aus den Emissionshandelssystemen ETS1 (vor allem Industrie und Energiewirtschaft) und ETS2 (vor allem Wärme und Verkehr von privaten Haushalten) wird zu höheren Preisen führen. ETS2 soll ab 2027 in Kraft treten und wird zu einer spürbaren Preiserhöhung führen. Weil es sich um ein Marktsystem handelt, ist die Spanne möglicher CO2-Preise und die damit verbundene Auswirkung auf die Teuerung im Vorfeld nicht eindeutig bestimmbar. Die angesprochene Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung geht von einem jährlichen Einfluss auf die Teuerung von 0,2 bis 0,45 Prozent aus.
Steigende Inflation durch Erderwärmung
Die zweite Auswirkung der Klimakrise auf die Inflationsrate liegt in der zunehmenden Erderhitzung. In einer in Nature erschienenen gemeinsamen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Europäischen Zentralbank (EZB) wird von einer Nahrungsmittelinflation bis 2035 von 0,92 bis 3,2 Prozentpunkten pro Jahr für Lebensmittel ausgegangen. Das übersetzt sich mit Blick auf den Warenkorb der Haushalte in einen Anstieg der Gesamtinflation von 0,32 bis 1,18 Prozent pro Jahr.
Steigende Inflation durch Investitionsnachfrage
Der dritte Effekt ergibt sich aus der ökonomischen Logik der Klimatransformation. Bei der Erreichung der Klimaziele geht es vor allem darum, fossile Energie durch erneuerbare Quellen zu ersetzen. Langfristig sinken dadurch Betriebskosten, weil die Grenzkosten für die Gewinnung einer zusätzlichen Kilowattstunde Energie aus Sonne gegenüber Öl oder Kohle minimal sind. Auf der anderen Seite sind aber die initialen Investitionsbedarfe deutlich höher. Es findet also ein Frontloading von Kosten statt.
Es gibt eine Vielzahl von Analysen für den damit verbundenen Investitionsbedarf. McKinsey geht in einer Studie von 2024 davon aus, dass jährlich 3,5 Billionen US-Dollar zusätzlich für Investitionen aufgewendet werden müssen, um die globalen Klimaziele einzuhalten. Eine zusätzliche Stimulation auf der Nachfrageseite führt auch zu Inflation, wenn das Angebot sich nicht schnell genug anpasst. Da es sich vor allem um Investitionen in Infrastruktur handelt, ist davon auszugehen, dass das Angebot nicht ohne Preisanpassung mitskaliert.
Setzt man also die zusätzlichen 3,5 Billionen US-Dollar Nachfrage ins Verhältnis zum globalen BIP von rund 100 Billionen Dollar würde man bei einem konstanten Angebot auf eine zusätzliche Inflation von 3,5 Prozent kommen. Das ist natürlich unrealistisch. Plausibel wäre, dass der inflationäre Effekt eher bei 0,5 bis 1 Prozent liegt, weil der reale Output der Volkswirtschaften und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine gewisse Elastizität aufweisen.
Kumulierte Auswirkungen der Klimakrise auf Inflation
Somit ergeben sich kumuliert folgende mögliche Auswirkungen der Klimakrise auf die Preisentwicklung:
Die Spanne von möglichen Preissteigerungen liegt also pro Jahr bei mindestens einem Prozent zusätzlicher exogener Inflation, die in politischem Handeln und physikalischen Realitäten fußt. Diese Erkenntnis muss in der klimapolitischen Debatte stärker reflektiert werden.
Die Autoren haben in 27 EU-Staaten untersucht, inwiefern sich Investitionen aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds und dem Kohäsionsfonds auf die Zustimmung zu populistischen Parteien auswirken. Die betrachteten Regionen haben im Durchschnitt über sieben Jahre 1,4 Milliarden Euro Brüssel erhalten. Das entspricht durchschnittlich 530 Euro pro Einwohner.
Das Ergebnis ist interessant. Demnach verringert EU-Regionalpolitik den Stimmenanteil rechtspopulistischer Parteien um 2-3 Prozentpunkte. Umgerechnet reduziert EU-Regionalförderung in Höhe von 200 Euro pro Kopf die Unterstützung für Rechtspopulisten um wenigstens einen Prozentpunkt.
In Ostdeutschland befinden sich besonders große Gruppen von Menschen mit niedrigen Einkommen in ländlichen Regionen. Sie würden überdurchschnittlich von Klimaschutzinvestitionen in öffentliche Infrastrukturen profitieren. Die Ergebnisse des IfW legen nahe, dass das gleichzeitig auch zu einem Rückgang der Zustimmung zu populistischen Parteien führen könnte.
Dieser Weg verspricht also nicht nur mehr soziale Gerechtigkeit, sondern auch größere politische Stabilität.
Bis 2045 müssen wir klimaneutral werden. Gut gemachte Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Das eine geht nur mit dem anderen. Der Klimawandel ist selbst eine große soziale Gefahr. Den klimaneutralen Umbau schaffen wir nur, wenn wir die Aufgabe sozial gerecht gestalten.
ZIEL DES PERSONAANSATZES
Die Voraussetzung für eine soziale Klimapolitik ist ein klares Bild von den unterschiedlichen Lebensrealitäten im Land. Es braucht differenzierte Lösungen, um die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Herausforderungen zu adressieren. Dafür wurden 16 Personas auf Basis eines umfassenden Datensatzes der infas 360 entwickelt. Dieser Datensatz enthält relevante Informationen zu Einkommen, Alter, Energiebedarf oder dem Anteil von E-Autos zu allen Wohngebäuden in Deutschland. Bei dem verfolgten Persona-Ansatz wird ausgehend von diesen Daten das fiktive Profil einer Person detailliert ausgearbeitet. Sie steht somit beispielhaft für eine relevante Lebenslage.
Aktuellere Informationen finden sich in unserem Update der Persona Analyse
Ökonominnen und Ökonomen sind sich inzwischen ziemlich einig: die Schuldenbremse muss reformiert werden, damit Deutschland den vielfältigen Herausforderungen mit Blick auf Klimawandel, Verteidigungsfähigkeit und verschärfende wirtschaftliche Konkurrenz gerecht werden kann.
Nachdem der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung seinen Reformvorschlag für die Schuldenbremse Anfang des Jahres präsentiert hat, nimmt die Diskussion immer mehr Fahrt auf. Auch CDU-Ministerpräsidenten wie Kai Wegner, Daniel Günther oder Boris Rhein haben sich inzwischen mit Blick auf die schwierige fiskalische Situation ihrer Bundesländer für eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen.
Während also vieles auf eine Reform hindeutet, ist der konkrete Weg noch nicht klar. Es gibt eine Vielzahl von Vorschlägen für Anpassungen. Wir geben einen Überblick über den Stand der Debatte und die kursierenden Reformansätze:
Eine Möglichkeit ist, zur Rechtslage vor Einführung der Schuldenbremse zurückzukehren. Die Goldene Regel in Artikel 115 des Grundgesetzes erlaubte bis zur Reform 2009 die Nettokreditaufnahme in Höhe der staatlichen Bruttoinvestitionen. Carsten Breuer argumentiert seinen Vorschlag hier.
Eine andere Variante ist, die notwendigen Investitionen in die Klimatransformation und die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur durch ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen nach Vorbild der Regelung für die Bundeswehr abzusichern. Der Vorschlag wird unter anderem von Jens Südekum in diesem Interview mit dem BDEW vorgestellt.
Eine weitere Möglichkeit wäre die Anhebung der Verschuldungsgrenze sowie die Einführung von Übergangsfristen nach Notlagen. Beide Punkte enthält der Reformvorschlag des Sachverständigenrates.
Schon länger wirbt das Dezernat Zukunft für eine Reform der Konjunkturkomponente. Wenn man durch andere Annahmen von einem höheren Konjunkturpotential ausgeht, erhöht das den Spielraum für Kreditaufnahme. Nachzulesen hier.
Die Gegenüberstellung zeigt, dass es nicht den einen idealen Weg für die Reform der Schuldenbremse gibt. Die unterschiedlichen Varianten haben Vor- und Nachteile. Freilich ist die Einigkeit in der ökonomischen Debatte über die Notwendigkeit einer Reform sehr groß. Die Entscheidung, welches Modell am Ende Realität wird, dürfte aber vor allem von politischen Fragen abhängen.
Anhand von zwei Studien von Friedrich-Ebert-Stiftung und Bertelsmann-Stiftung betrachten wir, wie Menschen auf die Gerechtigkeitsfragen in der Klimatransformation blicken und was die Ursachen dafür sein könnten. Der Ethik-Rat hat sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt. Wir fassen seine Schlüsse zusammen.
FES und Bertelsmann-Stiftung haben Studien zur Akzeptanz von Klimaschutz vorgelegt. Die Ergebnisse passen gut zusammen. Die Zustimmung zu Klimaschutz ist grundsätzlich hoch. Laut Bertelsmann sind fast 90 Prozent der Menschen durch den Klimawandel besorgt. Laut FES sagen 71 Prozent der Befragten, dass die Klimaziele eingehalten werden müssen. Aber hinter dieser grundsätzlichen Unterstützung von Klimapolitik steht Skepsis. Die Befragten trauen der Politik einerseits eine geringe Problemlösungskompetenz zu. Anderseits wird die aktuelle Klimapolitik als sozial ungerecht wahrgenommen.
So sagen laut FES 72 Prozent der Befragten, dass Wirtschaft und Industrie mehr für Klimaschutz tun sollten. In Bezug auf Bürgerinnen und Bürger mit hohen Einkommen sind 67 Prozent der Befragten dieser Meinung. Bei Bertelsmann sagt eine Mehrheit von knapp 54 Prozent der Befragten, dass die Umsetzung der Energiewende ungerecht erfolgt. Die größte Ungerechtigkeit wird hier zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen gesehen. Menschen mit höheren Einkommen sollen mehr beitragen. An zweiter Stelle sehen die Befragten eine ungerechte Verteilung zwischen Endverbrauchern und Unternehmen.
Die Einschätzung ist nachvollziehbar. Schließlich haben Wohlhabende durch Investitionen in klimaneutrale Technologien mehr Chancen, sich selbst vor steigenden Preisen zu schützen.
FES und Bertelsmann zeigen zusammen, dass Preisinstrumente im Policy-Mix unbeliebter als Ordnungsrecht und Förderung sind. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass viele Menschen die Sorge haben, ihr Leben nicht mehr bezahlen zu können. Außerdem kann durch Ordnungsrecht vermieden werden, dass Wohlhabendere sich von den Folgen der Klimapolitik „freikaufen“ können.
Bericht des Ethik-Rates zu Klimagerechtigkeit
Passend dazu hat der Ethik-Rat im März 2024 einen Bericht zu Klimagerechtigkeit vorgelegt. Er unterscheidet darin drei Dimensionen von Gerechtigkeit: die innergesellschaftliche, die internationale und die intergenerationelle. Ausgehend davon wurde ein Gerechtigkeitskonzept entwickelt, das alle Dimensionen umfasst und zu politischen Handlungsempfehlungen führt.
Laut dem Ethik-Rat gilt, müssen allen Menschen die gleichen Möglichkeiten zustehen, ein gutes, gelingendes Leben zu führen. Als Mindestvoraussetzung für ein solches Leben sind Schwellenwerte für wichtige Grundgüter bzw. Befähigungen zu bestimmen, wie etwa Gesundheit, Ernährung, Wasser, Sicherheit oder Mobilität. Alle Menschen müssen einen grundsätzlichen Zugang dazu haben. Klimaschutzmaßnahmen sollten so ausgerichtet werden, dass auch diejenigen, die am stärksten vom Klimawandel belastet sind, Zugang zu diesen Gütern und Befähigen haben.
Daraus ergeben sich für den Ethik-Rat Konsequenzen für die drei genannten Dimensionen von Gerechtigkeit in der Klimapolitik.
Innergesellschaftliche Dimension
Innergesellschaftlich sind Schäden und Belastungen infolge des Klimawandels und seiner Bewältigung verschieden stark ausgeprägt. Sie treffen gerade Menschen mit geringen finanziellen Mitteln oft besonders hart.
Das muss in den Blick genommen werden, um eine Verschärfung sozialer Verwerfungen und Konflikte entgegenzuwirken und Belastungen so zu verteilen, dass die Voraussetzungen eines guten, gelingenden Lebens für alle gewahrt bleiben.
Deshalb ist bei Klimaschutzmaßnahmen insbesondere die Zumutbarkeit für Menschen mit weniger Anpassungsfähigkeit zu prüfen. Zur Sicherung des Zugang zu grundsätzlichen Gütern und Befähigungen sind zudem effektive Ausgleichs- und Unterstützungsmaßnahmen erforderlich.
Internationale Dimension
International müssen aus Sicht des Ethik-Rat die lange Vorgeschichte durch den Kolonialismus und die Industrialisierung genauso berücksichtigt werden wie fortwährende neokoloniale Abhängigkeiten. Beiträge zur Erderwärmung wie auch Klimaschäden und die Möglichkeiten, sich vor diesen zu schützen, sind geografisch ungleich verteilt.
Daher muss zwischen nachholendem Wachstum in Ländern des Globalen Südens und weiterem Wachstum von Konsum und Ressourcenverbrauch in industrialisierten Ländern unterschieden und ein Transfer angemessener Ausgleichszahlungen verhandelt werden.
Menschen in allen Ländern verdienen gleiche Chancen auf ein gutes, gelingendes Leben und müssen entsprechend Zugang zu grundsätzlichen Gütern haben. Auch hier sind zunächst diejenigen zu bevorzugen, die noch am weitesten davon entfernt sind.
Intergenerationelle Dimension
Intergenerationell werden junge und heute noch nicht geborene Menschen die Hauptlasten eines veränderten Weltklimas sowie der im Umgang damit erforderlichen Maßnahmen zu tragen haben. Darum gilt es aus Sicht des Ethik-Rat heute schon, alle notwendigen und zumutbaren Mittel zu ergreifen, um zu verhindern, dass zukünftige Generationen die Mindestvoraussetzungen eines guten, gelingenden Lebens nicht mehr erreichen können.
Zugleich müssen alle in Erwägung gezogenen Lösungsansätze zukünftigen Generationen ausreichende Entscheidungs- und Handlungsspielräume lassen und dürfen ihnen keine unverhältnismäßigen dauerhaften Belastungen auferlegen.
Empfehlungen des Ethik-Rates
Ausgehend von dieser Analyse formuliert der Ethik-Rat 13 Empfehlungen. Wir stellen hier ausgewählt diejenigen da, die für die Arbeit des Sozial-Klimarat besonders relevant sind.
Materielle und immaterielle Kosten für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sollten möglichst präzise bestimmt, transparent kommuniziert und sowohl innergesellschaftlich als auch international und intergenerationell gerecht und verantwortungsvoll verteilt werden.
Klimaschutzmaßnahmen sollen in einem politischen Gesamtkonzept miteinander verzahnt werden. Bei jeder Entscheidung über technische Maßnahmen müssen mögliche, dabei zusätzlich verursachte neue Pfadabhängigkeiten zu Lasten künftiger Generationen bedacht werden.
Die gerechte Verteilung der Verantwortung für diese und andere Klimaschutzmaßnahmen ist dabei vornehmlich eine staatliche Aufgabe. Der bislang weit verbreitete Fokus auf die individuelle Verantwortung von Einzelpersonen wird der Problemlage nicht gerecht. Individuelle Entscheidungsfreiheit wird immer auch mitbestimmt durch gemeinsames Handeln vieler und wesentlich von politischen Rahmenbedingungen geprägt. Deshalb sind klare gesetzliche Regelungen notwendig, um Individuen klimafreundliches Handeln zu erleichtern.
Es ist unangemessen, wenn staatliche Akteure von Individuen emissionsärmeren Konsum erwarten, solange innerhalb der vom selben Staat gewollten und unterstützten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung die Voraussetzungen dafür zu einem guten Teil nicht erfüllt sind oder sogar konterkariert werden, sodass emissionsärmeres Handeln in vielen Feldern immer noch „moralisches Heldentum“ verlangt. Eine moralische Kritik an Entscheidungen im Bereich der privaten Lebensführung und des Konsums ist kein Ersatz für notwendige politische Maßnahmen.
Absehbar werden wir mit der Einführung deutlich höhere CO2-Preise sehen. Das kann soziale Härten und politischen Widerstand zur Folge haben.
Die Autorinnen und Autoren schlagen deshalb vor, den nationalen CO2-Preispfad schon jetzt anzuheben. Das verhindert einen plötzlichen Preisschock im Jahr 2027.
Zusätzlich müssen aus ihrer Sicht bereits jetzt Maßnahmen für den sozialen Ausgleich umgesetzt werden.
Aufgrund der absehbar stark steigenden CO2-Preise ergeben sich hohe Einnahmen aus dem Emissionshandel. Die müssen zur Vermeidung oder Kompensation der steigenden Kosten genutzt werden. Neben dem Ausbau klimaneutraler Infrastrukturen ist das auch durch ein Klimageld möglich. Dafür müssen aber noch rechtliche Rahmenbedingungen auf Ebene der EU geklärt werden.
Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass es für die soziale Abfederung entscheidend ist, dass Maßnahmen ergriffen werden, die den CO2-Verbrauch in den unteren Einkommensgruppen senken.
Daraus ergibt sich, dass das Klimageld alleine nicht ausreicht, um die sozialen Fragen zu beantworten. Dafür müssen Investitionen in klimafreundliche Technologien und Emissionsminder ermöglicht werden, die alle Menschen erreichen.
Als Sozial-Klimarat bestätigt uns die Studie in unserer Arbeit. Wir brauchen bis zum Start von ETS II im Jahr 2027 einen Zwischensprint bei der Reduktion des CO2-Verbrauchs gerade für Menschen mit wenig Einkommen. Und wir müssen uns sofort um die sozialen Fragen kümmern Dafür gibt es eine Reihe von Maßnahmen:
1️. Der schnelle Ausbau von öffentlichen Wärmenetzen, die dann mit klimaneutraler Wärme betrieben werden können.
2️. Sozial gestaffelte energetische Fördermaßnahmen für Menschen mit wenig Geld, die Fenstertausch oder Dämmung ermöglichen. Hier ist auch die Kommunikation entscheidend. Die Informationen müssen auch die anvisierten Gruppen erreichen.
3️. Ein massiver Aufbau von Bus und Bahn in Verbindung mit einem Deutschlandticket, das günstiger wird.
4️. Social-Leasing-Modelle für E-Autos oder auch Wärmepumpen, damit sie unabhängig vom Einkommen für alle Menschen finanzierbar sind.
5️. Die Einführung eines sozial gestaffelten Klimageldes.
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